politisches

Datum: 26.09.21 (Changelog siehe unten)

Aus aktuellen Anlässen

Ganz unabhängig davon, wie die Wahlen #btw2021 heute ausgehen werden, erbaulich in den letzten Wahlkämpfen bzw. den letzten Gefechten im Kampf um "Die Mitte", um "Merkels Erbe" oder ähnliches war schon lange nichts mehr.

Die zunehmende Fokussierung auf Personalia statt auf Inhalte ist für mein persönliches Empfinden zunehmend unerträglich und schwächt m. M. n. die Debatte und somit die Demokratie.

In der gegebenen öffentlichen Debatte (leider auch bei den öffentlich-rechtlichen Medienanstalten) im allgemeinen oder beim Wahlomat im Konkreten als vermeintlich bedeutsam angesehene Fragen haben mich persönlich so gar nicht angesprochen bzw. interessiert.

Entsprechend an dieser Stelle, sozusagen als Kontrapunkt hier 20 ganz subjektiv als relevant erachtete Punkte als Vorschläge einer alternativen politischen Agenda jenseits jeglicher Lager ("links" vs. "rechts"). Sei es als Grundlage für die Formierung einer neuen politischen Kraft (wer sich mit den Punkten identifizieren kann oder aber diese spiegeln, kommentieren, hinterfragen bzw. präzisieren mag, darf sich gerne per E-Mail, politisches@almarc.de, melden). Ergänzend bzw. alternativ auch zu verstehen als Debattenanstoß für manch, sich inhaltlich zu reformierende und neu zu besinnende, etablierte Partei.

Bin gespannt auf etwaigen Widerhall und engagierten Diskurs.

Marc Diez-Prida
(hier als Privatperson und Bürger ohne jegliche politische Parteizugehörigkeit, Funktion, Beeinflussung oder Abhängigkeit)
Gaienhofen 26.09.2021

 

Politische Agenda: 20 Ideen und Ansätze für eine Politik für morgen

Mit Ausnahme der Punkte 1 bis 3, welche für mich absolute Priorität genießen, unterliegen die Punkte keiner hierarischen, nach Prioritäten sortierten Reihenfolge.

 

  1. Wahlrecht:

    Allgemeines Wahlrecht für Kinder (= ab 0 Jahren!), bis zum 14. (auf kommunaler Ebene) bzw. 16. (bei Bundestags- bzw. Europawahlen) Lebensjahr auf die Eltern übertragen.

    Begründung: Stärkung der zukunftsorientierten Politik für kommende Generationen, Ausgleich der Interessen infolge demographischer Alterung der Gesellschaft, Stärkung der Interessen / Bedürfnisse von Familien. Änderung des Grundgesetzes sollte kein Hinderungsgrund sein, schließlich genießen auch - zurecht - Behinderte, Demenzkranke u.a.m. Wahlrecht.
    Hinweis: Dieser Punkt bezieht seine Motivation explizit nicht infolge der Fridays-for-Future-Bewegung rund um die Klimathematik, sondern ist vielmehr grundsätzlicher Natur.

    Entscheidungen, die gewählte Abgeordnete (sowohl auf kommunaler wie auch auf bundesweiter Ebene) direkt betreffen, also bspw. die Frage nach Erhöhung von Diäten, etwaige Befristung von Amtszeiten, Begrenzung der Größe des Parlamentes, Transparenzpflichten bzgl. Nebentätigkeiten, Verhaltenskodex infolge eines Ausscheidens von Politikern, sind ausschließlich durch Volksentscheide herbeizuführen.

  2. Sozialdienst:

    (Wieder-)Einführung eines allgemeinen Zivildienstes / "Soziales Jahr", alternativ (nur nach explizitem Wunsch) auch Wehrdienst. Geschlechterübergreifend für alle und angemessen vergütet.

    Im Gegenzug genauso: verpflichtendes "Soziales Jahr" für Rentnerinnen und Rentner nach Ausscheiden aus dem Berufsleben. Mögliche Handlungsfelder (je nach Möglichkeit, Neigung etc.): Hausaufgabenbetreuung, Lese-Patenschaften, Mentoring für Berufseinsteiger, Sprachförderung / Integration von Flüchtlingskindern. Indirekt vergütet durch Anrechnung auf Rentenpunkte.

    Gründe: Erdung, Gewinn bzw. Teilen von Lebenserfahrung, Charakterformung, Sensibilisierung für die Anliegen von Alt und Jung, generationsübergreifendes Miteinander (gerade in Corona-Zeiten wäre dies ein großer Gewinn), Bewusstsein von Altern und Tod, Zusammenhalt der Generationen; bei Wehrdienst: Wiederwertschätzung der Arbeit der Bundeswehr / Rückführung ins gesellschaftliche Bewusstsein.

  3. Medien / Medienlandschaften:

    Wiederbesinnung der Funktion von Medien als "Vierter Gewalt". Stärkung der Medien und pluraler Meinungsbildung (bspw. via Bundeszentrale für politische Bildung) sowie Förderung politischer und wissenschaftlicher Meinungsvielfalten.

    Abschaffung der Rundfunkgebühr bzw. Weiterentwicklung hin zu einem Pool, bei dem auch private Qualitätsmedien / Printmedien profitieren können.

    Förderung allein anhand klarer Qualitätskriterien. Grundsätzlich darf durch öffentliche Gelder nur Qualitätsjournalismus sowie Übertragung von Kunst und Kultur (darunter zählt auch die auszubauende Filmförderung) sowie Breitensport gefördert werden. Überteuerte Fußballrechte bzw. Fernsehshows und -serien etc. dürfen entsprechend nicht gefördert werden, all diese Unterhaltungsformate haben sich - wie bei den privaten Anstalten und Medien auch - über Werbung zu finanzieren. Entsprechend verschwindet die Unterscheidung zwischen öffentlich Rechtlichen und privaten Anstalten / Medien.

    Statt Finanzierung durch Rundfunkbeitrag würden die Gelder via Umverteilung durch einzuführende Steuern auf digitale Plattformen (google, Facebook, Twitter) generiert.

    Förderung / Stärkung europäischer Öffentlichkeiten (multilinguale Zeitungen, TV-Sender etc.).

    Zudem: Einführung einer Quote: Jeder Politiker darf nur max. x (x kleiner/gleich 10) Mal / Jahr in politischen TV-Talkshows teilnehmen.

    Ziel / Begründung: Förderung einer unabhängigen, Qualität steigernden, Aufklärung leistenden und Debatten fördernden Medienlandschaft über alle Medienformen hinweg.

  4. Soziale Netzwerke:

    sind (zumindest in ihrer bisherigen Form) zunehmend demokratie- und staatszersetzend (Stichworte: hate speech, Diffamierungen, Desinformation, Manipulation, Clickbaits, sich selbst verstärkender und somit Bubbles befördernde Algorithmen, monopolhafte Machtakkumulation sowie Deutungshoheiten bei privatwirtschaftlichen, also außerparlamentarischen Unternehmungen).

    Daher Förderung eines neutralen Sozialen Netzwerkes auf EU-Ebene als Alternative zu Facebook und Co. mit klaren Spielregeln (in Anlehnung ans Presserecht, Klarnamenpflicht bei Kommentaren, zeitversetzte Veröffentlichungen, um impulsivem, affekthaftem Posten entgegenzuwirken). Damit einhergehend keinerlei automatisierte Entscheidungsfindungen, beeinflussende Algorithmen, personalisierte Auswertungen, keinerlei Werbung oder politische Einflussnahme. Betrieb durch europäisches Public-Private-Partnership. Überwachung der Neutralität des Netzes durch EU-Parlament. Refinanzierungsmöglichkeit durch (nicht-personalisierte) Werbung.

    (Mehr zu Digitalem auch in Punkt 16)

  5. Bildung:

    Klares Bekenntnis zum und Wahrung des kulturellen Erbes Europas bei gleichzeitig weitem, globalen Horizont wider eines Nationalismus bzw. Eurozentrismus. Stärkung und Förderung der Bildungsarbeiten, auch der internationalen Bildungs- und Kulturinitiativen (Goethe-Institut) / Austauschprogramme (ERASMUS), Ausweitung der Schulfächer Geschichte, Politik, Philosophie und Religion.

    Forcierung des Bildungsniveaus und Beibehaltung differenzierter Bildungswege ("viele Wege führen nach Rom"), statt Verwässerung des Niveaus, Relativierung der Ausbildung oder des Meisters.

    Wiedereinführung des G9.

  6. Außenpolitik:

    Grundsätzliches Verbot von Auslandseinsätzen der Bundeswehr, die nicht der Verteidigung dienen.

    Überdenken / Präzisieren der Kriterien eines Verteidigungsbündnisses wie der NATO: "Was ist ein Bündnisfall und unter welchen Bedingungen dauern diese an?"

    Klares Bekenntnis zur EU als Kultur- und Wirtschaftsraum sowie geopolitischer Akteur bei gleichzeitiger Reform, Entbürokratisierung und Transparentmachung seiner Organe und Entscheidungswege.

    Festhalten an klaren Rechtsstaatsprinzipien als Grundlage der Wertegemeinschaft.

  7. Umweltschutz: Jedes Gesetz / jede politische Maßnahme ist in Bezug auf Umweltverträglichkeit sowie in Bezug auf Generationengerechtigkeit (Rente, Folge für kommende Generationen) hin zu untersuchen, explizit zu begründen und im Parlament abwägend zu diskutieren.
  8. Steuern:

    Besteuerung von Kapital statt von Arbeit. Damit einhergehend: Konsequente Schließung von Steuerschlupflöchern und Steuervermeidungsmodellen (drastische Erhöhung der Strafmaße).

    Ziel: Aufwertung von Arbeit statt des Kapitals (plakativ lautet der Status quo doch so: "Arbeiten macht arm, Finanzen machen reich.")

    Ziel: Wertschätzung von Arbeit, Vermeidung von ungezügelten Gewinnakkumulationen, Finanz- und Spekulationsblasen.

  9. Steuerflucht- und -vermeidung sowie Korruption und Vetternwirtschaft auf EU-Ebene muss absolute Priorität genießen und transparent dokumentiert sein.

    Politiker sind persönlich und wirtschaftlich haftbar zu machen infolge von Verstößen. Abschaffung jeglicher Steuerparadiese. Drastische Erhöhung der Strafmaße.

  10. Mehrwertsteuer:

    Befreiung elementarer Grundkonsumgüter (Lebensmittel, Lehrmittel und der Ausbildung dienenden Dienstleistungen) von der Mehrwertsteuer (= MwSt.-Satz von 0 Prozent). Im Gegenzug Einführung einer MwSt. für Luxuskonsumgüter mit deutlich erhöhtem MwSt.-Satz.

    Evtl. [unschlüssig, ob praktikabel und nicht zu bürokratisch] Regelung von Umweltverträglichkeit ebenfalls direkt über die Mehrwertsteuer, so dass zusätzliche, für den Konsumenten intransparente Umweltsteuern, CO2-Bepreisungen etc. hinfällig würden.

    Ziel: Sensibilisierung für den ökologischen Fußabdruck bei allen Formen des Konsums.

  11. Wirtschaft: Abschaffung nicht zukunftsorientierter Subventionen bzw. klare Kriterien über deren Laufzeiten. Wenn überhaupt Subventionen, dann nur bei ausgewiesener Zukunftsfähigkeit bzw. ausdiskutierten Übereinkunft der mittelfristig-/langfristigen volkswirtschaftlichen Chancen. Ein langfristiger "volkswirtschaftlicher Businessplan" ist transparent darzulegen. Forschungseinrichtungen und Unternehmen können sich mittels transparentem Verfahren um Förderungen bewerben. Kohlekraftwerke und Regionalflughäfen beispielsweise würden entsprechend nicht weiter subventioniert werden.
  12. Klares Bekenntnis zur Sozialen (!) Marktwirtschaft. Abbau von Bürokratie und Bevormundung. Staat und Regeln nur dort, wo sie unabdingbar sind, dann aber umso klarer und transparenter (gilt auch für internationalen Handel sowie Entwicklungszusammenarbeit). Konsequente Regulierung also dort, wo Marktversagen herrscht (bspw. Immobiliensektor; hier Begrenzung der Anzahl an Immobilien für Private wie auch für Institutionelle). Verbot von Spekulation mit lebensnotwendigen Gütern (Nahrung, Wohnen).

    Förderung von Eigeninitiative, von Forscher- und Unternehmergeist (auch jenseits von "Digitalisierung"). Frage: "Wie soll morgen unser Brutto-Sozialprodukt (BSP) erwirtschaftet werden?"

    Förderung von dem Gemeinwohl dienenden Geschäftsmodellen (ggf. als "private-public-partnerships").

  13. Klare Markteinstiegsbedingungen / -kriterien: Besteuerung von digitalen Großkonzernen erzwingen (amazon, google und Co.), ansonsten Verbot einer Marktteilnahme.

    Stopp des Ausverkaufs zentraler, systemrelevanter Unternehmen und Infrastrukturen einhergehend mit transparenten Regeln für internationale Investitionen insbesondere im Immobilienbereich und Unternehmensbeteiligungen (Stichwort: gleiche Spielregeln für alle Marktakteure).

  14. Finanzpolitik:

    Verbot von (ressourcenverbrauchenden) Kryptowährungen.

    [spannender Gedanke]: Verbot jeglicher Zinsen (sowohl Positiv- wie auch Minuszinsen).

  15. Arbeitsmarkt:

    Wieder deutlich mehr Berufsfelder sind mit Tarifverträgen auszustatten. Grundsätzliche Kopplung der Löhne an Inflation. Etwaige Abweichungen davon sind zu begründen und beidseitig zu beschließen.

    Grundsätzliche Ausbildungsvergütung bei allen Berufen, wo Fachkräftemangel besteht (gerade im Gesundheitsbereich).

    Arbeitnehmer-Freizügigkeit innerhalb der EU aufrechterhalten. Zugleich Etablierung eines Fachkräfteeinwanderungsgesetzes zur Linderungs des Fachkräftemangels und um Schieflage der Rentensysteme aufgrund demographischer Entwicklung frühzeitig entgegenzuwirken.

    Renten: Kopplung des Renteneintrittsalters an die durchschnittliche Lebenserwartung (= Erhöhung des Renteneintrittsalters).

  16. "Digitalisierung" jenseits des gehypten Schlagwortes. Keine pauschale Digitalisierung als Selbstzweck. Stattdessen transparent und offen debattierte Chancen-/Risiken-/Folgenabwägung.

    Bei entsprechenden Konsensen dann Förderung allgemeiner "open-source"-Standards sowie europäischer Plattformen. Wo immer möglich: Stärkung und Beibehaltung von Dezentralitäten und offenen Systemen und Netzen.

    Klare Regeln für digitales Zeitalter: Grundsätzliches Verbot von Tracking, digitalem Profiling, Ausspionieren oder Durchleuchten von Bürgern, egal ob durch private Unternehmen oder aber staatliche Behörden. Unterbindung von Monopolen, zu Monopolen tendierenden Plattformökonomien und Akkumulatoren personenbezogener Daten (Suchmaschinen, Soziale Netzwerke etc.).

    Verbot und konsequente Ahndung nutzerunfreundlicher und bewusst irreführender Mechanismen zur Umgehung des Datenschutzes (Stichwort: Cookie-Banner) und überhaupt Aushebeln des Verbraucherschutzes (Stichworte: Euphemismen, "greenwashing"). All dies sollten Marktausschlusskriterien werden.

    Konsequente Einhaltung von Jugendschutz bei digitalen Diensten wie Whatsapp, Instagram etc. (konsequent einzuhaltendes Mindestalter: 16 Jahre!)

  17. Lobbyismus:

    Nicht nur Influencer / Lobbyisten haben ihre Beziehung / Abhängigkeiten zu Unternehmen klar zu benennen; umgekehrt müssen auch Unternehmen benennen, welche Influencer / Lobbyisten bzw. der Politik nahestehende Personen sie unterhalten / fördern.

    Grundsätzliches Verbot von Parteispenden.

  18. Schutz des Lebens:

    Beibehaltung von Schutzrechten jeglichen Lebens.

    Zugleich Schutz von Ehe und Familie (in ihrer klassischen Form, was explizit keine Diskriminierung anderer Lebensformen darstellen soll).

  19. Gesundheitspolitik:

    Grundlegende Reform der Finanzierung von Krankenhäusern und Optimierung der Arbeitsbedingungen in denselben. Aufrechterhaltung einer qualitativen, bedarfsgerechten Basisversorgung in der Fläche.

    Stärkung von gesundheitlicher Aufklärung (bereits in Schulen), Prävention (Stichwort bspw. gesunde Ernährung) und Eigenverantwortungen.

  20. Abschaffung jeglicher Quoten

    in allen Bereichen: Vergütung von Arbeitnehmern bzw. Wahl in politische Ämter bzw. unternehmerische Führungsriegen ausschließlich aufgrund individueller Leistungen und Überzeugungskraft statt aufgrund von Religion, Geschlecht oder sonstiger Orientierungen.

    Kein staatlich / behördlich / unternehmerisch verordnetes Gendern; stattdessen Fokus auf reale, gelebte Gleichberechtigung und Abschaffung von Diskriminierungen.

 

Interaktion

Freue mich über konstruktive Kommentare; gerne hinterfragen, ergänzen, präzisieren etc. politisches@almarc.de. Erhellende Kommentare werde ich hier nach Rücksprache gerne veröffentlichen.

 

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Changelog

05.10.21: Ergänzung des Punkt 15 um vierten Absatz ("Renten"); Korrektur von Rechtschreibfehlern, grafische Optimierungen. Hinzufügung von Share- und Druckfunktion.

Anfang 2022: Nach ausgiebigem Sondieren und der weiterhin ernüchternden Entwicklungen der im Bundestag vertretenen Parteien Eintritt in die ÖDP: Ökologisch-Demokratische Partei, jene Partei, die meines Erachtens nach seit Jahren das inhaltlich beste Parteiprogramm hat und auch manch der von mir hier skizzierten Punkte teilt. Schade nur, dass die ÖDP bei den Wahlen bisher derart geringe Erfolge erzielen konnte. Hoffe, dass sich das ändert, damit die gute Programmatik noch bekannter wird und auch politische Relevanz entfaltet. Vielleicht mag ich in bescheidenem Rahmen einen Beitrag dazu leisten. Zumindest empfehle ich die Lektüre des politischen Grundsatzprogramms der ÖDP und eine wohlwollende Berücksichtigung bei künftigen Wahlen, egal ob auf regionaler oder überregionaler Ebene.

 

 

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